Jenny und Achim

Ich muss nicht Chef sein…

Ich folge Deine Seite schon länger und Du bist eine große Inspiration für mich, meinen eigenen Weg zu gehen. Vorher kannte ich nur „Du musst der Chef sein“, was dann überhaupt nicht mit meinem Kleinen (120cm reiner Wahnsinn) klappte, aber alle mir geraten haben, weil das Pony ja stinkfrech ist, und gehorchen muss, und und und… Das Ende vom Lied ist, dass erst als ich mich wirklich für sein wundervolles Wesen geöffnet habe – ohne die Stimmen im Hinterkopf zu hören, dass man ein Steiger und Rempler und Beißer und was-auch-immer zeigen muss, wer hier der Chef ist (und ich reagiere sofort allergisch darauf, wenn ich das Wort höre) – eine viel bessere, engere und lockere Beziehung zu ihm habe.

Mein kleiner Wirbelwind entscheidet oft und gerne mit, und zeigt auch deutlich, wenn etwas ihm passt – oder eben nicht. Ich nenne es Rahmenarbeit und sage „Okay, heute gehen wir raus, aber du entscheidest Weg und Tempo.“ Meine einzige Bedingung ist dann, dass er vorwärts geht und nicht die ganze Zeit – natürlich gehören Graspausen auch dazu – die Nase am Boden hat. Wie schnell und in welcher Richtung wir uns sonst bewegen, entscheidet er. Oder wir gehen auf dem Reitplatz und spielen. Ich habe gewisse Übungen, die ich gerne zur Gymnastizierung mache, aber wenn er dazwischen auch ein paar Hüpfer macht oder so, ist das für mich ganz in Ordnung.

Es gab aber Zeiten, wo ich für jeden Schritt weg vom Stall geklickt habe, und wenn ich keine Leckerlis mehr hatte, sind wir zurück. Manchmal kamen wir nur 50 Meter. Aber dadurch, dass ich sein Nein akzeptiert habe, habe ich heute den besten Partner, den ich mir wünschen könnte. Es gibt immer noch Sachen, die er nicht gerne macht, und diese vermeiden wir soweit es geht. Hufpflege und TA sind aber indiskutabel, da muss er mitmachen, auch wenn er es nicht immer toll findet. Aber auch die Termine versuchen wir ihm so stressfrei und angenehm wie möglich zu gestalten.

Als sich sein Nein zu einem Ja geändert hat, war es das schönste Gefühl der Welt, und ich bin so froh, dass ich ihm die Zeit geben konnte, die er gebraucht hat, um unsere Beziehung neu aufzubauen. Vor allem bin ich dankbar, dass er genug Geduld hatte mit mir, bis ich endlich verstanden hatte, dass ich meine alte Muster ablegen konnte und musste, und dass es einen anderen Weg gibt.

Ich muss nicht „Chef“ sein, er muss nicht sich alles gefallen, und wenn wir beide die Grenzen akzeptieren, haben wir eine viel ehrlichere Beziehung zueinander. Er hat mir nicht für meine Fehler verziehen, und das muss er auch nicht, es gibt bis heute noch Sachen, die mit ihm nicht funktionieren (und halt auch nicht funktionieren müssen, egal was andere sagen), aber ich habe dafür eine ehrliche Beziehung zu ihm aufbauen können, wo wir uns gegenseitig auch trauen, zu sagen wenn was nicht stimmt.

Am Ende vom Tag muss ich nur ein Wesen in die Augen schauen können, und das ist mein Pony. Was alle andere dazu sagen, ist mir egal.

Liebe Grüße aus der Schweiz,
Jenny & Achim

2 Kommentare

  1. Susanne

    Was ist das schön, da geht mir das Herz auf! Danke für’s Teilen, Jenny. 🙂 Bei mir in der Hundewelt ist es ebenso. Es ist so schön, wenn man sich gegenseitig zuhört und einander vertrauen kann. 🙂 Unsere Tiere sind uns so große Lehrmeister. 🙂
    Ich wünsche Euch weiterhin einen so wunderbaren Weg gemeinsam. Herzlich, Susanne

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  2. Nicola Kühn

    So eine schöne Geschichte! Danke fürs Teilhaben lassen. Ich habe mich mit meiner Ida auch auf so einen Weg begeben und merke, wie gut das unserer Beziehung tut. Sie ist nicht so deutlich widerspenstig – sie geht eher in einen inneren Rückzug, funktioniert, aber eben freudlos. So wie jemand, der sich nicht gesehen fühlt und dann halt innerlich rausbeamt und nur noch scheinbar da ist. Es ist auf jeden Fall eine spannende Reise, auf der sich jeder Schritt lohnt 🙂. Lieben Gruß und alles Gute für Euch!

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