Erwartest Du zu viel?
Für viele von uns besteht Erfolg im Setzen und Erreichen von Zielen. Ohne Ziele, so glauben viele, kommt man nicht weiter. Und in unserer erfolgsorientierten Gesellschaft werden Ziele zunehmend ernsthaft und fast verbissen verfolgt – immer öfter, als würde gleichsam das Überleben davon abhängen.
Genau das ist ein Punkt, den ich im Zusammensein mit Pferden gelernt habe: dass Ziele uns und anderen das Leben auch ganz schön schwer machen und viel Leid erzeugen können. Und zwar geschieht das dann, wenn die Ziele wichtiger werden als die beteiligten Wesen, also man selbst oder eben Tiere oder auch andere Menschen. In der Reiterwelt lässt sich leider sehr oft beobachten, dass die Pferde unter den gesetzten Zielen ihrer Menschen leiden müssen, aber das Prinzip gilt auch für viele andere Bereiche im Leben und betrifft Kinder, Teampartner und viele andere.
Ziele zu formulieren und sie gerne erreichen zu wollen, ist zunächst ja tatsächlich etwas Gutes. Schwierig und vor allem fragwürdig wird es aber dann, wenn aus Zielen Erwartungen werden, wenn wir also davon überzeugt sind, sie auf jeden Fall erreichen zu müssen und das als eine Art „gutes Recht“ ansehen. Dann bekommen unser Wille und/oder Ehrgeiz eine bedenkliche Eigendynamik, durch die es passieren kann, dass wir nicht nur gegen das Leben, sondern vor allem auch gegen die Wesen zu kämpfen beginnen, die wir eigentlich lieben (und es nicht einmal merken).
Ein Ziel zu haben, heißt weder, dass es eine Verpflichtung noch eine Garantie gibt, es auch wirklich zu erreichen, egal wie viel wir dafür tun oder wie sehr wir es auch wollen. Manchmal hat das Leben einfach andere Dinge für uns vor. Ich kämpfe heute nicht mehr mit dem Leben, denn ich habe schon oft die Erfahrung machen können, dass Verbissenheit pures Gift sein kann und dass es immer etwas Gutes hatte, wenn ich nicht erreicht oder bekommen habe, was ich wollte. Erreiche ich ein Ziel nicht, hebe ich es für später mir auf oder ich lasse es los und schau, was stattdessen auf mich wartet.
0 Kommentare