Utes Weg

Ein endlich gelebter Traum …

Auf der Suche nach Antworten, nach Kraft und Energie, aber auch einem inneren Gleichgewicht traf ich auf eine Heilpraktikerin. Schöne und schmerzhafte Erkenntnisse traten erneut in den Vordergrund, brachten ein wenig mehr Verständnis für sich selbst, verdeutlichten meine innere Unsicherheit. 

In einer Sitzung im September 2017, ich war nun 50 Jahre jung, geschah Unerwartetes, veränderte sich mein Leben auf eine schöne, zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellbare Weise. Ich wurde gefragt, ob ich einen Traum hätte. Tatsächlich gab es einen. Obwohl nicht typisch Mädchen, aber sicher angeregt von verschiedensten Filmen, träumte ich davon, einmal auf einem Pferd am Strand zu reiten. Ein nie von mir ausgesprochener Traum – schon in Jugendjahren wie ein gut gehütetes Geheimnis.

Die Heilpraktikerin brachte ohne Umschweife den Stein, den Traum, ins Rollen: „Bis zur nächsten Sitzung probieren Sie das Reiten aus.“ Was für eine Herausforderung? Ohne gemachte Hausaufgabe zur nächsten Stunde, das gab es in meinem Leben nicht. 

Die ersehnten Herbstferien nahten – Prerow, Sandstrand und laufen, laufen, laufen…, vielleicht reiten? Ich kann schauen, aber es wirklich tun? Ehe mich der Mut verließ, begann meine Suche nach einem Reiterhof. Tatsächlich, ganz in der Nähe unserer Unterkunft, Schicksal oder Zufall, wurde ich fündig. Pferde haben wir schon immer stehen sehen, auch Kinder, die ritten, mehr Beachtung schenkten wir diesen aber nicht.

In der Zwickmühle zwischen Verlockung und einer zu erfüllenden Hausaufgabe, die ich im bisherigen Leben immer erledigte, siegten beide. Ich verabredete einen Termin und eh ich mich versah, stand ich am 27.10.2017 bei Angelika vor ihrem Jonny, einem für mich empfundenen super dickem, relativ kleinem Pferd. Es war nachmittags, traumhaft herbstliches Wetter, leuchtende Farben des Himmels, obwohl die Sonne langsam andeutete, unterzugehen. Mehrere Pferde samt Reiter standen neben mir, meist wesentlich jünger, ich fühlte mich zumindest nicht passend, war so aufgeregt und voller Skepsis und Vorfreude. 

Angelika, die hiesige Trainerin und Besitzerin der Anlage, strahlte mit ihrem Lächeln Vertrauen aus und half mir beim Aufsteigen. Da saß ich nun erstmals auf einem Pferd, hoch, breit und dennoch irgendwie angenehm. Der Helm auf dem Kopf fühlte sich eigenartig an, aber schon bald vergaß ich ihn. Angelika zog allerlei Gurte fest, stellte die Steigbügel ein, hakte Jonny am Halfter ein längeres Seil ein, stieg selbst auf eines ihrer Pferde, hielt das Seil mit Jonny weiterhin in ihrer Hand und los ging es, den Reitweg entlang vorbei am Reitplatz, ein Stück Straße über die Wiese in den angrenzenden wunderschön herbstlich gefärbten Wald Prerows. Ich hielt die Zügel in der Hand und beide Hände umklammerten den Hilfsriemen am Sattel, denn jeder Schritt von Jonny wackelte mich von links nach rechts, vergleichbar mit einem Schiff auf hoher See mit Wellengang. Es war nicht unangenehm, aber ich brauchte einen Moment, um zu spüren, um wage zu vertrauen, es trägt mich sicher. 

Ich schaute mich ein wenig unsicher um, Angelika erklärte mir dies und das, dann waren wir im Wald, der den Herbst sehr verschieden ankündigte. Ich genoss jeden Atemzug, fühlte mich unbeschwert und frei. Angelika versuchte mir nahe zu bringen, die Bewegung des Pferdes zu fühlen und einfach zuzulassen, mitzunehmen in meine, wenn wir antraben. Puh, fühlen und zulassen, eine Mammutaufgabe für mich, doch schon trabten wir an. Uppsala, auf, ab, auf, ab, was für ein Tempo, was für eine sportliche Herausforderung, aber dennoch herrlich. 

Es war so anstrengend schön, den Duft des Waldes saugte ich förmlich auf, strahlte wie ein Kind. Eine Stunde ritten wir im Wechsel Schritt und Trab, es waren keine geschmeidigen Bewegungen meinerseits, aber hin und wieder spürte ich, wie es sich anfühlen kann, wenn Zulassen der Bewegung möglich ist. Mein Kopf war nur im Hier und Jetzt, nicht hochkonzentriert, was ich tun sollte oder bei all den anderen Gedanken. Es gab nur Pferd, Wald und mich, unbeschreiblich schön, frei und leicht. 

Als wir zurückkamen, waren meine Beine wie Spagetti, aber ich hätte für diese Erfahrung die ganze Welt umarmen können, ich war wie elektrisiert, lief zu unserer Unterkunft und erzählte, schwärmte, fand kaum ein Ende. Im Hochgefühl der Freude und der Leichtigkeit schlief ich abends körperlich völlig verausgabt, aber innerlich glücklich ein. Nie hätte ich dies für mich möglich gehalten. Am nächsten Morgen zauberte jeder schmerzende Muskel ein Schmunzeln auf mein Gesicht und ich wusste, es war um mich geschehen, ich wollte mehr von diesem Gefühl der entspannten Anspannung, des Abtauchens aus den alltäglichen Belangen, ich wollte Momente der Auszeit mit Pferd sonst nichts, war optimistisch einen Weg dafür zu finden. 

So begann ich, in der Nähe meines Zuhauses mit Falko, einem Edelbluthaflinger und sogenanntem Schulpferd, tiefer in die Welt der Pferde einzutauchen. Seine Augen blickten mich an, seine lange wunderschöne helle Mähne war verzottelt, der Körper schmutzig, es war egal. Schnell lernte ich, all dies zu pflegen und genoss es, fuhr nur dafür oft zu ihm, aber eine Verbindung konnte ich zu ihm nicht aufbauen, zu viele Reitschüler, zu unschöne Bedingungen …  

Es begann die Suche nach einem eigenen Pferd. Vor zwei Jahren trat Fjordwallach Holgerson in mein Leben und mein Herz. Ich Greenhorn kaufte ihn und genieße ihn.

Danke, wenn ihr alles gelesen habt. Vielleicht bis bald,
Ute 

1 Kommentar

  1. Julia

    Liebe Ute, ich finde es schön zu lesen, dass du als „Greenhorn“ ein Pferd gekauft hast…denn Pferde sollten nicht einer elitären Gruppe von ReiterInnen vorbehalten sein. Pferde sind wunderbare Lebewesen und wenn man bereit ist, sich auf sie und ihre Bedürfnisse einzulassen, dann muss man kein „Profi“ sein, um einem Pferd ein gutes Leben zu bieten.
    Viel Freude wünsche ich euch beiden!

    P.S.: …früher hätte mein Ego das anders gesehen 🤪

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