Unbeschwertheit

oder: Die Kunst des Loslassens

Für Wege zum Pferd hatte ich vor einigen Tagen dieses Zitat von mir in den sozialen Medien eingestellt:

„Unbeschwertheit erreichen wir nicht durch Wollen,
sondern durch Loslassen.“

Diese Erkenntnis habe ich meinem Anthony zu verdanken, denn bei ihm gab es für mich an vielen Stellen nur die Möglichkeit des Loslassens: das Loslassen von Erwartungen und Forderungen, von Zielen und Vorhaben und auch von Wünschen und Bedürfnissen. Und das war verdammt schwer – … so lange, bis es leichter wurde.

Ich durfte die Erfahrung machen, dass es das war, was ich festhielt, das so schwer wog und dass es für mich tatsächlich immer leichter wurde, je mehr ich loslassen konnte. Rational ist einem das natürlich klar, aber wirklich die Erfahrung zu machen, ist nochmal etwas ganz anderes. Unerfüllte Erwartungen, unerreichbare Ziele und ungestillte Wünsche können endlos schwer wiegen und sie können hart und bitter machen. Sich von ihnen zu befreien hingegen, kann Türen zu ganz neuen Wegen und Erfahrungen öffnen.

Ja, klar, manches fehlt mir bis heute (zum Beispiel so ein wundervoller Ritt wie auf dem Foto weiter unten), aber dafür bekomme ich inzwischen so viel anderes von meinem Pferd, dass ich mich ganz satt und reich fühle – und immer öfter tatsächlich unbeschwert!

Vielleicht können Euch meine Zeilen Mut machen, das Loslassen zu wagen, und ganz offen und zuversichtlich zu schauen, was dann auf Euch wartet. Möglicherweise ist es, so wie bei mir, die wahre und ganz zauberhafte Persönlichkeit Eures Pferdes, das Euch so viel zu geben hat.

4 Kommentare

  1. Susanne Diwo

    Da fühle ich mich mal wieder angesprochen mit eigener Erfahrung.
    Vor 13 Jahren ging ich meiner Leidenschaft nach und kaufte einen damals 16-jährigen Hannoveraner, toll ausgebildet (Dressur M und Springen S*), der nach einem Unfall nur noch bedingt seine Fähigkeiten zeigen konnte und deshalb nach kurzer Zeit als Schulpferd sein Dasein fristete. Da ich Anfänger war war er mit seinem ausgeglichenen, sanften Charakter DAS Pferd für mich. Stets bemüht, es mir Recht zu machen, unendlich geduldig für meine Fehler und immer willig und umsichtig. Da stellt sich schnell das Gefühl ein, dass das NORMAL ist. Vor 6 Jahren übernahm ich umständehalber die Stute einer Freundin und musste feststellen, dass ich über die Individualität eines Pferdes noch sehr sehr viel zu lernen hatte. Sie sah sich nicht als Reitpferd und tat dies auch immer wieder mal kund. Sie war gut erzogen, nahm das Gebiss freundlich, lief auch nicht weg, aber war nicht glücklich dabei. Es dauerte einige Zeit (Jahre) bis ich das akzeptieren konnte. Bodenarbeit findet sie cool, denn sie ist schon menschenbezogen und mag es, wenn man sich mit ihr beschäftigt – so lange man sich nicht auf sie setzt (Rücken, Sattel etc ist alles ok) Sie ist das geborene Handpferd, läuft von Beginn an wie ein Hund bei Fuß in alles Gangarten am Halfter auch schwierige Waldwege, läßt sich problemlos schicken (vor, Seite, back) und genießt die gemeinsamen „Ausritte“. Und nur noch selten muss sie mich für kurze gymnastizierende Einheiten auch mal im Sattel erdulden. So sind wir alle 3 glücklich geworden.

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    • Tania

      Soooo schön, dass Du so auf die Stute eingegangen bist! Und genau das ist das Geschenk: dass man tatsächlich auch glücklich sein kann, wenn die Dinge anders laufen als gedacht oder erhofft. Herzlichen Dank fürs Teilen!
      Tania

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  2. Sonja

    @ Susanne Diwo…ich finde es toll, dass du akzeptierst, dass deine Stute sich ohne Reiter wohler fühlt. Kein Pferd ist geboren um einen Menschen zu tragen. Manchen mag es nichts ausmachen, aber andere zeigen es einfach ganz deutlich und ich bin jedem Pferdeliebhaber dankbar, wenn er seinem Pferd Gehör schenkt und nicht versucht dessen Willen zu brechen. Sicherlich kaufen oder übernehmen die wenigstens Menschen ein Pferd um es dann nicht zu reiten, aber diese wunderbaren Geschöpfe sind so viel mehr als nur unser Transportmittel.

    Auch ich habe mir vor 4 Jahren einen scheinbar gesunden heute 10-jährigen Pintowallach aus privater Hand gekauft. Ehemals ein Händlerpferd aus Polen, gekauft von einer Dame aus Niedersachsen, die ihn mit straffer Hand, oft ausgebunden kaputt geritten hat. Yuma ist mein erstes eigenes Pferd. Charakterlich ist er ein Schatz und hat mein Herz schnell erobert. Nach und nach stellte er sich aber in den letzten Jahren als gesundheitliche Baustelle heraus: völlig falsch bemuskelt, Rückenschmerzen, beginnende COPD, Stoffwechselprobleme, immerwieder unklare Lahmheiten trotz Abklärung von Röntgen, Ultraschall und Osteopaten…die Liste könnte ich fortführen. Ich wollte nie ein Pferd für Sport oder Turniere, kein Pferd was tolle Piaffen oder Spins beherrschen sollte. Ich wolltem einfach einen Freund für gemütliche Runden durch die Natur und kleine Wanderritte. Nun ist Yuma seit 4 Jahren an meiner Seite und konnte ihn selten reiten. Immerwieder holen uns seine gesundheitlichen Probleme ein. Entweder er lahmt, er bekommt schlecht Luft u.u.u.- Wir machen daher viel Bodenarbeit und gehen spazieren. Soweit so gut. Seit 1 Jahr hat nun auch mein Mann ein eigenes Pferd, einen Quarter Horse Wallach Boon. Er ist bis auf Kleinigkeiten topfit und bereit als Wanderreitpferd die Umgebung zu erkunden. Jeder TA oder jeder andere Pferdetherapeut lobt seine gute Verfassung, seine guten Hufen usw. Bei meinem Yuma dagegen tun sich gefühlt immerwieder neue Baustellen auf. Der gemeinsame Traum vom gemeinsamen Ausreiten mit meinem Mann und unseren 2 Pferden gerät immerwieder in weite Ferne. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde dass mich diese Tatsache nicht oft traurig macht und ich natürlich auch stets in Sorge um Yuma’s Gesundheit bin. Aber ich glaube er selbst sieht das eher gelassen. Er steht in einem großen Offenstall zusammen mit seinem Freund Boon und ist glaube ich ganz zufrieden. Natürlich macht ihm die Atmung gerade jetzt oft zu schaffen, aber ich muss auch immerwieder auf mich selbst achten, ihn nicht mit meiner Sorge zu belasten. Mir selber fällt es manchmal gar nicht auf, dass ich auf Nachfrage nach meinem Pferd oft nur das erwähne, was gerade wieder nicht geht . Mein Mann holt mich dann manchmal zurück indem er mich darauf hinweist, dass wir beide doch 2 wundervolle Pferde haben. Und er hat einfach Recht. Yuma schenkt mir täglich soviel: er kommt oft angetrabt um mich auf der Koppel zu begrüßen, bringt mich noch zum Tor wenn ich das Paddock wieder verlasse, ist im Gelände verhältnismäßig unerschrocken, geht brav auf den Hänger und ist dankbar, dass ich ihm an manchen Tagen einfach nur beim grasen beobachte und er nichts leisten muss. Oft stellt er sich dann neben mich und döst. Er ist so wie er ist ganz wunderbar und selbst wenn er nur 3 Beine hätte und unreitbar würde, nie würde ich ihn hergeben oder austauschen.

    Allen denen es ähnlich geht möchte ich Mut machen sich über das Gute an eurer Fellnase zu freuen und den Fokus nicht auf das zu legen was nicht funktioniert. Ich selbst lerne immer besser zu akzeptieren was ist und das manche Dinge vielleicht auch nie funktionieren werden. Aber jeder Tag mit Yuma ist ein Geschenk. Es ist schwer sich nicht mit anderen Pferd/ Mensch Paaren zu vergleichen wenn man all die tollen Geschichten und Erfolge der Stallgenossen hört oder faszinierende Bilder und Videos im Internet sieht. Aber um die „Anderen“ geht es nicht. Dich und dein Pferd gibt es nur einmal, dass was ihr zusammen erlebt ist einzigartig, wie ihr euch begegnet, was ihr zusammen erlebt und was ihr denkt und fühlt…niemand sonst auf der Welt tut das so wir ihr!

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    • Tania

      Liebe Sonja,
      ganz, ganz herzlichen Dank für das Teilen Eurer Geschichte! Ich glaube, so ähnlich geht es sehr vielen, nur liest man halt mehr über das was alles „toll läuft“. Aber genau solche Geschichten gehören auch erzählt – sie sind es wert.
      Euch Vieren alles Liebe und Gute,
      Tania

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