Reiten mal ganz anders

Die Kunst, etwas zuzulassen …

Seit einer Weile reite ich wieder hin und wieder mein Pferd. Naja, „reiten“ würden es viele wohl nicht nennen, denn im Wesentlichen bringt Anthony mir gerade bei, es geschehen zu lassen, von ihm getragen zu werden, also passiv zu sein, statt aktiv. Und, wow, das ist wirklich nicht so einfach!

Reiten lernen wir ja in der Regel als etwas Aktives. In der Summe geht es herkömmlicherweise darum, dass das Pferd tut, was wir wollen – denn: „Wo kommen wir denn hin, wenn das Pferd sein Ding macht?“ – nicht wahr?

Tja, wo kommen wir dann wohl hin … – das ist genau die Frage, die nun offenbar auf meinem Weg mit Anthony erforscht werden will. Ihn herkömmlich zu reiten, geht seit langer Zeit nicht mehr, da wehrt er sich auf vielfältigste Weise (und nein, ich werde nicht versuchen, mich durchzusetzen, denn das wäre in diesem Fall auf verschiedenen Ebenen eine wirklich sehr dumme und wahrscheinlich auch gefährliche Idee…). Was aber geht, ist, mich für einige Minuten tragen zu lassen, also zum Passagier zu werden. Und, hui, das ist für mich als Kontroll-Freak ein ganz schönes Stretching.

Es ist unglaublich spannend, wahrzunehmen, wie Anthony auf jede Form von Erwartung mit Stress reagiert (obwohl ich schon gut dabei bin, möglichst kaum noch Erwartungen zu haben). Wenn er mit Anspannung reagiert, versuche ich, ihn zu beruhigen, und sage so etwas wie: „Ist doch alles gut, ich will doch gar nichts.“ – aber erkenne dann, dass ich eben doch wieder eine andere Kopfhaltung im Sinn hatte, die Seite wechseln wollte oder Ähnliches. Für die meisten Reiter/innen ist es ganz selbstverständlich beim Reiten, solche Forderungen zu stellen, aber mit einem Pferd wie Anthony wird einem klar, dass es das eben nicht ist.

Anthony zeigt mir gerade eindrucksvoll, wie gut er mich wahrnimmt (viel besser als ich selbst). Schaffe ich es, wirklich nichts zu wollen, läuft er Runde um Runde mit mir auf dem Rücken, den Boden untersuchend oder in die Gegend schauend. Auf jedes noch so kleine Wollen von meiner Seite reagiert er prompt mit Stress (Anspannung im Körper, Stehenbleiben, Rückwärtsgehen, gegen den Zügel gehen, Kopf hochnehmen). Gelingt es mir, eine wirklich offene Frage zu stellen (bei der ich also tatsächlich keine „richtige“ Antwort im Kopf habe), bleibt er gelassen und antwortet entweder mit einem „Okay“ oder einem „Nö“.

Nun fällt mir natürlich nicht leicht, ein „Nö“ genauso gelassen anzunehmen wie ein „Okay“ und mir wird klar: Erwartungen zeigen sich vor allem in unserer Reaktion darauf, wenn nicht geschieht, was wir möchten …

Und passend als Lesetipp: „Mit dem Herzen voran“ – der Reitkurs von Wege zum Pferd.

2 Kommentare

  1. Christina

    Das stelle ich mir wirklich sehr schwierig vor. Meinen höchsten Respekt dafür, nichts zu wollen!

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    • Tania

      Ja, das ist es. Allerdings trainiert mich Anthony ja auch schon viele Jahre, ich bin also schon einiges an Umdenk- und Umlern-Prozessen gewohnt 🙂 Schauen wir mal, wohin die Reise jetzt geht.
      Lieber Gruß,
      Tania

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